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Optimale Bildwiederholraten im Heimkino durch den Einsatz eines Kino-PCs
Leicht modifizierte Version meines Artikels aus der AudioVision 9/2001, S. 120/121

Digitale Displays (auf LCD- oder DLP-Basis) mit Bildern zu füttern, die einer Video-Fernsehnorm entsprechen, ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Zwar haben fast alle Projektoren des angesprochenen Typs mittlerweile eine enstprechende Video-Elektronik on board, aber diese ist als add on aus Kostengründen meistens sehr kompromißbeladen. Bei einer Wandlung von digitalisierten Kinofilmen (DVD) in S-Video oder auch in analoges Komponentensignal wird mindestens 50-60% der Qualität verschenkt. Abhilfe schafft der Einsatz eines speziell getunten und konfigurierten Kino-PC - und das auch noch für verhältnismäßig wenig Geld. Mit einem Kino-PC lässt sich ein digitales Display optimal und direkt über VGA oder - falls vorhanden - DVI ansteuern, wodurch die interne analoge Video-Elektronik des Projektors stillgelegt wird. Hauptanwendung eines Kino-PC ist die optimale Ausnutzung der in hervorragender Qualität auf DVD vorliegenden Spielfilme.

Mindestens zwei verschiedene analoge Videonormen (PAL, NTSC) müssen im digitalen Bereich berücksichtigt werden. Die analogen Normen haben bekanntlich wichtige Features der DVD mitbestimmt. Beispielsweise ist die Forderung eingehalten worden, dass der DVD-Standard zu den Billionen alten Fernsehapparaten kompatibel zu sein hat. Verwirrenderweise korrespondieren die unterschiedlichen Fernsehnormen nicht mit der Einteilung der DVD-Welt in Vermarktungs-Regionen.

Bildwiederholrate und Auflösung ist bei den Fernsehnormen festgelegt. Die digitale Welt dagegen kennt strenggenommen keine festgelegten Bildwiederholraten, wenn sich auch verschiedene Standard-Frequenzen eingebürgert haben. Je nach Graphikkarte ist man bei einem PC aber enorm flexibel und hat sogar die Möglichkeit, Bildwiederholraten auf ein Promille genau zu variieren, d.h. auch eine Bildwiederholrate von 71,928 Hz festzulegen.

Kino-Film basiert auf 24 Bildern pro Sekunde. PAL wird aus Filmmaterial hergestellt, indem es bei einer Auflösung von 576 vertikalen Linien (NTSC 480) abgetastet wird. Die Fernsehnormen PAL und NTSC basieren auf der sogenannten Interlaced-Technologie (von engl. interlaced wörtl. 'verhäkelt'), d.h. die beim Filmmaster vorliegenden Bilder werden in zwei Halbbilder aufgeteilt (gerade und ungerade Zeilen jeweils unmittelbar hintereinenader). Damit man bei PAL die nötige Bildfrequenz von 50Hz erreicht, wird folgender Trick angewendet: Der Film-Master wird mit 25 Bildern pro Sekunde abgespielt. Diese 25 Bilder werden in die zwei Fields aufgeteilt (gerade und ungerade Zeilen), so dass sich eine Frequenz von 50Hz (50 fields) ergibt.


Das Ergebnis lässt jeden Puristen bis ins Mark erschaudern: Durch die Geschwindigkeitsanhebung um 1 Bild pro Sekunde ergibt sich gleichsam nebenbei auch eine Tonerhöhung von 4%. Wer sich einen Eindruck zum PAL-Speedup verschaffen möchte, dem sei das Beispiel aus Petersens 'Das Boot' empfohlen, das im Internet unter http://mathematik.uibk.ac.at/~andreas/dvd/ zu finden ist. Dort wird die NTSC und die PAL-Version in einer MP3-Datei direkt hintereinandergeschaltet. Um es mit einem krassen Beispiel zu verdeutlichen, was der PAL-Speedup bewirkt: Aus einem Soundtrack auf PAL, der in C-Dur steht, wird etwas zwischen C-Dur und Cis-Dur! Erste Ansätze zur Korrektur des PAL-Speedups liegen durch die neueste Version von WinDVD 3.0, dem beliebten Software-DVD-Dekoder der Fa. Intervideo Inc. vor. Doch das Ergebnis ist noch nicht voll überzeugend. Beim Herunterkonvertieren und Verlangsamen des DD 5.1 Tons (Standard bei mittlerweile fast allen DVDs) treten erhebliche Qualitätsverluste auf, wenn auch die Tonhöhe danach zumindest annähernd stimmt.

Echte Heimkinoprofis schwören aufgrund der PAL-Probleme auf den Einsatz von NTSC-DVDs. Diese werden nämlich durch einen Trick in der richtigen Geschwindigkeit vom Film-Master gezogen. Der Trick ist der sogenannte 3:2-Pulldown. Von den 24 Hz des Filmmaterials wird die Frequenz durch Halbbild-Erzeugung verdoppelt. Jedes vierte Halbbild wird zudem durch ein 'Repeat-Flag' wiederholt, wodurch sich genau eine gesamte Frequenz von 60Hz ergibt (24*2=48, 48 + (48/4) = 60, siehe auch Abbildung).* Der Ton bleibt dadurch unverändert, weil der Original-Master in der Originalgeschwindigkeit abgespielt wird.

Dadurch dass jedes vierte Halbbild bei NTSC verdoppelt wird, entstehen die sogenannten 3:2-Pulldown-Artefakte, was ein konstantes leichtes Stottern verursacht und vor allem bei Großbildprojektion störend auffällt. In diesem Sinn hat PAL zumindest den kleinen Vorteil, dass die Bildfrequenz zumindest technisch stimmt, auch wenn der gesamte Film 4% zu schnell ist.

So werden also Film-Bilder auf PAL- bzw. NTSC-DVDs abgespeichert:

Die Lösung des Bild-Frequenz-Problems
 
 

Das erste zu lösende Problem ist die Erzeugung von Ganzbildern aus den Halbbildern, was auch von den billigsten digitalen Displays nötigenfalls selbst übernommen werden muss. Denn digitale Displays (LCD oder DLP bzw. Varianten davon) sind linear devices, die gar nicht im Zeilensprungverfahren arbeiten können, wie das für Kathodenstrahlröhren der Fall ist. Jedes digitale Display MUSS 'progressiv' angesteuert werden. Im Zweifelsfall erledigt das - wie eingangs bemerkt - die billige Videoelektronik des Beamers, dementsprechend unvollkommen und in - gelinde gesagt - bescheidener Qualität.

Ein Soft-DVD-Player im PC (siehe Kasten für Software-Anforderungen) kann die Ganzbilderzeugung bereits verlustfrei im digitalen Bereich erledigen. Er muss nur aufgrund der Informationen, die ihm das Progressive-Flag der Halbbilder (fields) liefert, benützen, um die Ganzbilder zusammen zu 'weben' (Weave-Algorithmus). Bei DVD-Material, bei dem dieses Flag fehlt (wie z.B. bei Video-basiertem Material, sofort zu erkennen an typischen Kamm- und Lamellenmustern bei Bewegungen), ist die Angelegenheit komplizierter und es bedarf eines De-Interlacers mit Bewegungserkennung (zur Lösung dieses Problems per Kino-PC in einer späteren Ausgabe).

Sobald die Ganzbilder also per Progressive-Scan hergestellt sind, müssen Sie mit der korrekten Bildwiederholrate auf das Display geschickt werden. Durch die verlustfreie Überführung der Videodaten von der DVD im Computer in den digitalen Bereich ohne vorherige Analog-Wandlung, ist das auch kein Problem. Nach der Soft-DVD-Dekodierung liegen die Bilddaten in Form von 23,976 Bildern/s (NTSC) bzw. 25 Bildern/s (PAL) vor. Jetzt muss nur dafür gesorgt werden, dass exakte Vielfache dieser Bilderzahl auf das Display geschickt werden. Jede Abweichung davon macht sich in unruhigen und ruckelnden Bewegungen, Fahrten und Schwenks bemerkbar.

Die optimalen Bildfrequenzen sind also für PAL 25,000, 50,000, 75,000, 100,000 Hz, für NTSC 23,976, 47,952, 71,928, 95,904 usw. Leider vertragen manche Beamer (beim Kauf darauf achten!) u.U. keine höheren Frequenzen oder zeigen bei anderen Frequenzen als bei ihren 'nativen' Bildwiederholraten Probleme wie Tearing (engl. 'Reißen', bei dem obere und untere Hälfte des Bildes zeitverzögert aufgefrischt wird und dadurch scheinbar 'reißt'). Grundsätzlich ist eine möglichst hohe Bildfrequenz vorzuziehen. Der Grund für hohe Frequenzen ist aber ein anderer als bei Kathodenstrahlröhren, wo es um die Vermeidung von Bildflackern geht. Ein lineares Display kann nicht flackern, so dass beispielsweise der von Texas Instruments entwickelte Cinema-DLP-Projektor für den professionellen Einsatz (z.B. zu sehen im UCI-Zoo-Palast in Berlin, zu Cinema-DLP vgl. www.dlp.com) mit einer Bildwiederholfrequenz von 24 Hz betrieben wird!

Die hohe Bildfrequenz im Kino-PC begründet sich dadurch, dass es zwischen Ton und Bild während des Abspielens einer DVD zwangsläufig immer wieder zu minimalen Resynchronisierungen kommen muss, was durch ausgelassene/übersprungene Bilder realisiert wird (allenfalls als sogen. 'Micro-Stutters' wahrzunehmen). Je höher die Grundfrequenz ist, desto weniger stark wirkt sich das ausgelassene Bild aus. Sarkastischerweise könnte man sagen, dass Micro-Stutters bei 60Hz (ob PAL oder NTSC) irrelevant sind, weil die Bewegungen eigentlich sowieso nie glatt sein können!

Ein Software-Tool, das die Bildwiederholrate auf ein Promille genau regulieren kann, ist Powerstrip der kleinen Fa. Entechtaiwan (siehe Kasten bzw. Abbildung2, bitte Warnungen beachten, manche Monitore/Displays können bei zu hohen Frequenzen beschädigt werden!).
 
 

Damit ist es bei modernen Graphikkarten möglich, sowohl für PAL 75,000 Hz bzw. für NTSC 71,928Hz exakt einzustellen und dadurch optimal flüssige Bewegungen und echten Kino-Genuss auch zu Hause zu gewährleisten.
 

* Aus Bandbreitengründen haben sich die Schöpfer von NTSC um eine minimale Verlangsamung des Filmmasters entschieden, so dass man tatsächlich einen krummen Grund-Wert von 23,976 zu Grunde legen muss. Strenggenommen haben wir es also bei NTSC um etwa 1  Promille Speed-Down zu tun (was aber wohl eine etwas andere Kategorie ist als 4%, vgl. PAL-Speed-Up).
 
 

Hardwarebedarf (neben den anderen üblichen Standardbausteinen eines PC):

PIII-CPU, midestens 600MHz

Radeon oder Geforce Graphikkarte

DVD-ROM-Laufwerk, am besten codefree und leise (= langsam)

Soundkarte für AC3/DTS-Passthrough

Softwarebedarf:

Soft-DVD-Player (z.B. der bei den Radeon-Karten mitgelieferte ATI-Player oder WinDVD 3.0 oder PowerDVD 3.0)

Powerstrip 3.0 (von Entech, www.entechtaiwan.com)

DVD-Genie

Wichtige Links (mit teilweiser Downloadmöglichkeit für Software):

www.avsforum.com (Englischsprachiges Heimkino-Forum)

www.cs.tut.fi/~leopold/Ld/FilmToVideo/index.html (Film-To-Video-Seiten von Henrik 'Leopold' Herranen)

www.Kino-PC.de (Homepage des Autors mit Kontaktmöglichkeit)