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Details in großen Bilder: Skalieren geht über Studieren!
Leicht modifizierte Verision meines Artikels aus der AudioVision 10/2001, S. 120

Über die Möglichkeiten, einen High-End-Video-Scaler auf PC-Basis zu konstruieren.

Kino zu Hause für alle!

Ein digitaler LCD- oder DLP-Projektor ist ein Display, das ursprünglich für die Darstellung von computergenerierten Bildern konzipiert ist. Business-Projektoren, heute schon für deutlich unter 10 Tausend DM zu haben, sind voranging für die Präsentation von Geschäftsdaten aus dem Computer konzipiert. Heimkino war und ist zunächst als Nebenanwendung geplant. Der Markt für Business-Projektoren ist mehr und mehr gesättigt, so dass die Industrie nach weiteren Nischen für den Absatz sucht. Seit einigen Jahren gewinnt der Heimkino-Markt an Bedeutung. Diese Tendenz manifestierte sich auch in der gerade abgelaufenen Berliner Funkaustellung (IFA 2001) mit Heimkino als einem Schwerpunktthema. Die Projektoren-Industrie hat Kinobegeisterten die Möglichkeit beschert, auch zu Hause Bilder in Film-Theater-Format zu genießen. Die allerdings zumeist fehlende Optimierung der im Ursprung als Business-Displays konzipierten Projektoren für Heimkino dringt immer mehr ins Bewußtsein.

Als naive Qualitätskriterien zur Beurteilung von digitalen Projektoren werden allzu oft Auflösung und ANSI-Lumen herangezogen. Dies ist aber in videophiler Hinsicht so wenig relevant wie etwa die Watt-Leistung bei der audiophilen Beurteilung von Hifi-Elektronik und Lautsprechern. Bei Projektoren ist zu unterscheiden zwischen der eigentlichen Lichtmaschine und dem Teil, der für die Ansteuerung des Lichtmaschine zuständig ist, wir sprechen von der On-Board-Elektronik. Gerade die On-Board-Elektronik ist häufig unzureichend für die Heimkinoanwendung konzipiert.

Der Kern eines jeden digitalen Projektors bilden entweder drei LCD-Panels (für jede Grundfarbe eines), die vom Licht durchstrahlt werden oder aber ein DMD-Chip (DMD: Digital Micromirror Device), der das Licht pixelweise reflektiert. Die Variationsbreite dieser Hardwareelemente ist naturgemäß relativ eingeschränkt, ja sie beschränkt sich im Fall von DMD sogar auf einen einzigen Hersteller (TI). Worin sich also digitale Projektoren im Wesentlichen unterscheiden ist die On-Board-Elektronik. Von dieser Elektronik ist insbesondere der sogenannte Skalierer (Scaler) besonders entscheidend für die Qualität der Projektion. Man könnte es auf folgenden Punkt bringen: Teurere Projektoren rechtfertigen ihren höheren Preis nur zum Teil durch die etwas höhere Auflösung. Viel mehr spielt die Qualität des Skalierers die größte Rolle. Skalierer gab und gibt es auch als externe Geräte. Der Marktführer Faroudja (siehe Bild) verlangt gut und gerne bis zu mehreren zehn Tausend DM, was selbst den Preis von Spitzenprojektoren bereits überschreitet. Der Grund ist einfach: Einen Skalierer zu bauen verlangt sehr viel Know-How und Optimierungsleistung. Hier wird bei preiswerten Projektoren häufig am meisten gespart.

Der Einfluß eines guten Skalierers wird bei großen Bildern mit vielen Details und feinen Linien evident (Vidcap vom Fitfth Element, Leeloos Sprung in die Häuserschluchten). Wenn auch die digitalen Projektoren ein großes Bild bescheren, so ist bei genauerem Hinschauen oft sofort zu bemerken, dass die Gemeinsamkeiten zwischen dem großen Bild zu Hause und im Kino allenfalls in den Abmessungen besteht. Zwar sind die Bilder zu Hause in ihren absoluten Abmessungen mit echten großen Kino-Sälen ohnehin nicht zu vergleichen. Doch kommt es eben beim Kino-Feeling weniger auf die absolute Größe an als vielmehr auf den möglichen Sitzabstand zum Bild. Nur bei relativ geringem Abstand in Relation zur Breite (ca. 2:1 oder kleiner) stellt sich tatsächliches Kino-Feeling ein, bei dem man auch in einen Film 'eintauchen' kann.

Anders gesagt: Je näher man sich auf ein Bild einlässt, desto störender werden kleine Detail-Fehler bei der Bilderzeugung. Von weitem sieht jedes Bild einigermaßen gut aus, denn die Details verschwimmen ohnehin von der Ferne und werden allenfalls vom Gehirn in den berühmten rosa Farben nach erfunden. Will man sich über Detailschwächen eines Bildes nicht in die eigene Tasche lügen, dann bedarf es eines qualitativ hochwertigen Skalierers.

Kleines Einmaleins der Skalierung

Ein erstes Gefühl für die Problemlage vermittelt der Blick auf digitale Auflösungen. Kein digitales Display ist auf 720*480 (NTSC-DVD) oder auf 720*576 (PAL) Pixel ausgelegt, vielmehr richten sich die digitalen Displays nach den Computer-Graphik-Standards, nämlich VGA (640x480, ursprünglich mit NTSC-Fernsehen im Hinterkopf aber kaum mehr zu finden), SVGA (800x600), XGA (1024x768), ... UXGA (1600x1200) usw. Um die Verwirrung komplett zu machen, könnte man allerdings meinen, dass die Seitenverhältnisse eines digitalen Displays doch gerade dem alten Fernsehstandard 4:3 entsprechen. Doch die Videodaten auf einer DVD liegen nicht im Seitenverhältnis 4:3 vor, sondern bei PAL als 720x576 (= 1,25) bzw. NTSC als 720x480 (= 1,5). Damit also ein Filmbild (egal ob 4:3 oder 1,78:1 oder 2,35:1 oder 2:1 oder was auch immer korrekt dargestellt wird, muss immer sowohl in vertikaler wie auch horizontaler Richtung skaliert werden. Es muss positiv oder negativ interpoliert werden (d.h. Zeilen ausgelassen, dazugefügt und Zwischenpunkte berechnet werden), was vom Ergebnis her im digitalen Bereich ganz erheblich von der Qualität der verwendeten Graphikarte abhängt (Siehe dazu Hardware-Kasten). Einige neuere digitale Projektoren bieten mittlerweile eine für NTSC optimierte vertikale Auflösung an (848x600 z.B. der Piano von Plus oder der HT200DM von SIM2). In diesem Fall muss nur noch eine horizontale Anpassung in der Bandbreite stattfinden, nicht mehr eine Skalierung in vertikaler Richtung. Kurze Rechnung für anamorphe NTSC-DVDs: 1,78*848 ‰ 480. Beim neuen Dual-Mode-Chip (600x848) können also einfach ohne Interpolation alle 480 vertikalen Zeilen dargestellt werden. Aus dieser Überschlagsrechnung ergibt sich aber auch, dass bei Standard S-VGA sowohl bei PAL (ca. 100 Zeilen) wie auch bei NTSC (ca. 30 Zeilen) heraus interpoliert werden müssen. Genau das ergibt bei unzulänglichen Algorithmen die bekannten hässlichen Skalierungsfehler wie getreppte und diskontinuierliche Linien und Kurven. Die 848 horizontalen Pixel beim DM-Chip werden über VGA/analog einfach in der Bandbreite angepasst. Bei der voll digitalisierten Computergraphik-Schnittstelle DVI (z.B. beim PLUS Piano oder Yamaha DPX-1) muss aber sowohl in horizontaler wie auch vertikaler Richtung skaliert werden, da hier nicht einfach eine Bandbreitenanpassung möglich ist.

Bei PAL ist vertikal eine negative Interpolation notwendig bei Auflösungen unter XGA, da erst 1024/1,77 ‰ 576. Ab XGA wird sowohl horizontal wie auch vertikal positiv interpoliert.
 
 

Keine Verwechslung von De-Interlacing und Skalierung

Die Wichtigkeit der Qualität des Skalierers wird übrigens auch nicht durch die langsam stattfindende Markteinführung von Progressive-Scan-DVD-Playern (zu den Problemen mit PS-Playern insbesondere für PAL vgl. Audiovision 10/2001) in Frage gestellt. Eine Umfrage auf www.avsforum.com hat unlängst zu Tage gefördert, dass fast 90% aller videophilen Forums-Mitglieder nach wie vor einen HTPC (Kino-PC) als Skalierer bevorzugt, obwohl die Einführung von NTSC-PS-Playern in den USA nun schon mehr als 2 Jahre zurückliegt. Denn auch PS-Player geben ‚nur‘ 480p bzw. ‚wenn man Glück hat‘ 576p aus. Es muss nach wie vor auf die Auflösung des digitalen Displays skaliert werden. Was ein PS-Player an Vorteil bringt, ist, dass die Erzeugung von Ganzbildern ohne analoge Zwischenstufe geschieht (siehe Graphiken).

Nicht verwechselt werden darf der Prozeß der Skalierung mit dem Vorgang des De-Interlacings, das aus Fernseh-Halbbildern progressive Ganzbilder erzeugt. Das De-Interlacing wird außer bei echten PS-Playern immer auf der Grundlage eines analogen 40i/576i Signal vorgenommen. Auch mit einem Gerät wie dem IscanPro (der kein Skalierer ist, sondern nur ein De-Interlacer) lassen sich keine Wunder vollbringen. Manchmal wird De-Interlacing auch mißverständlich als Linedoubling bezeichnet, obwohl da streng genommen nichts verdoppelt wird. Es werden durch diesen Prozeß nur pro Zeiteinheit Zeilen verdoppelt, nicht aber die Informationsmenge insgesamt! Line-Quadruppling ist wieder etwas anderes: Hiermit kann man die Zeilenstruktur von analogen Röhrenprojektoren zu verstecken versuchen. Es macht bei digitalen Projektoren wenig bzw. überhaupt keinen Sinn!

Problemlösung Kino-PC

Was ist nun die praktische Lösung für das Problem, wenn man nicht für den Skalierer mindestens noch einmal so viel Geld ausgeben will wie für die Lichtmaschine? Es hat sich schon angedeutet: Man baut sich einen eigenen Skalierer (oder lässt ihn für sich bauen) auf der Basis von preiswerter PC-Hard- und Software. Ein Skalierer auf PC-Basis kostet nur einen Bruchteil eines Standalone-Skalierers, ohne deshalb weniger gut zu sein, im Gegenteil: Durch die Beschränkung auf den rein digitalen Bereich (siehe Schaubild) gewinnt man durch die PC-Lösung sogar prinzipbedingt, was sich bei dem entsprechenden Know-How auch praktisch umsetzen lässt. Ein Kino-PC ist die geniale Synthese eines echten PS-Players und Skalierers!

Ein Kino-PC führt das allfällige De-Interlacing bereits wie ein PS-Player im digitalen Bereich aus. Auch das Skalieren wird ohne jegliche analoge Zwischenstufe erledigt. Besteht die Möglichkeit, eine DVI-Schnittstelle zu benutzen, entfällt sogar die letzte digital-analoge Wandlung und das digitale Display wird direkt digital angesteuert. Der Qualitätsgewinn einer hochwertig angesteuerten DVI-Schnittstelle lässt sich bereits auch in der Praxis beispielsweise an einem Yamaha DPX-1 demonstrieren.

Die PC-Lösung über die DVI-Schnittstelle ist hier derzeit unschlagbar. Eine preiswerte Graphikkarte mit DVI-Ausgang ist beispielsweise die ATI Radeon VE. Allein der Desktop von Windows wird hier so scharf abgebildet, dass man sich fast daran schneidet.

Einem Kino-PC ist es auch egal, ob die DVD auf dem PAL- oder NTSC-Standard basiert. Mit der richtigen Graphikkarte ausgestattet (ATI Radeon oder NVidia GeForce) nimmt einfach sämtliche Informationen (in Form von Zeilen) und rechnet diese mit den entsprechenden ausgeklügelten Algorithmen (u.a. iDCT) optimal auf die Ziel-Auflösung des Displays um.

Fazit:

Die Konversion von DVD-Video auf das digitale Display sollte nicht teuerer sein als der Projektor (= die Lichtmaschine) selbst. In der Tat wäre das aber so, wenn man herkömmliche Video-Prozessoren (nicht nur des Marktführers Faroudja) und deren Preise in Betracht zieht. Dabei haben selbst diese teuren, aufwendigen Videoprozessoren u.U. Grenzen, z.B. was die Wahl einer optimalen Bildwiederholfrequenz betrifft (vgl. Audiovision 10/2001). Sie erlauben (mit derzeit nur einer Ausnahme!) nur 50Hz für PAL bzw. 60Hz für NTSC, was zumindest für NTSC suboptimal ist. Ein Kino-PC ist die derzeit technisch beste Wahl, die man treffen kann geht es um die bestmögliche Skalierung.

(Demnächst: Skalieren von analogen Quellen über PC durch dScaler 3.0)

Hardwarebedarf (neben den anderen üblichen Standardbausteinen eines PC):

PIII-CPU, mindestens 600MHz

Radeon oder Geforce Graphikkarte

DVD-ROM-Laufwerk, am besten codefree und leise (= langsam)

Soundkarte für AC3/DTS-Passthrough

Softwarebedarf:

Soft-DVD-Player (z.B. der bei den Radeon-Karten mitgelieferte ATI-Player oder WinDVD 3.0 oder PowerDVD 3.0)

Powerstrip 3.0 (von Entech, www.entechtaiwan.com)

DVD-Genie

Wichtige Links (mit teilweiser Downloadmöglichkeit für Software):

http://home.t-online.de/home/bjoern.roy (Allgemeines zu Bildqualität)

www.avsforum.com (Englischsprachiges Heimkino-Forum)

www.Kino-PC.de (Homepage des Autors mit Kontaktmöglichkeit)